berliner-zeitung/archiv
Datum:
23.05.2005
Ressort:
Feuilleton
Autor:
Michaela Schlagenwerth
Seite:
32

Hauptsache zehn Minuten

Das Tacheles zeigt die vierte Lucky Trimmer Tanz-Show

Fünfundzwanzig Euro, mehr Gage hat es für die Künstler bei der letzten Lucky Trimmer Show nicht gegeben. Drei Mal im Jahr findet die Show im Tacheles statt. Bewerben kann sich jeder, der meint in irgendeiner Weise mit Tanz zu tun zu haben. Einzige Bedingung: Das Stück darf nicht länger als zehn Minuten sein. Zehn Stücke wurden bei der vierten Lucky Trimmer Show von 50 Bewerbungen ausgesucht.

Der Abend ist witzig, kurzweilig und er hält Überraschungen bereit. Greift einer der Künstler einmal voll daneben, ist es auch nicht so schlimm. Denn bevor man sich ernsthaft darüber ärgern könnte, ist der Auftritt schon wieder vorbei. Es gibt kleine Apercus wie von der sonst in den Sophiensælen beheimateten Tänzerin und Choreografin Summer Ulrickson, die mit dem Rücken zum Publikum steht und das Gitarrespiel ihres Partners Moritz von Gagern in einen Tanz der Pobacken übersetzt. Es gibt ausgefeilte und virtuose Choreografien wie von Dan Pelleg und Marko Weigert (sonst ebenfalls Sophiensæle), die mit soviel Verve und Frische eigentlich altbekannte Nummern zeigen, dass das Publikum vor Begeisterung kein Halten kennt. Die beiden Initiatoren Mimi Messner und Clint Lutes haben mit ihrer an den Auftrittsmodi des Berliner Kabaretts der 20er Jahre angelehnten Show wirklich etwas vollbracht.

Dass mancher sich - im Unterschied zum Gros des Publikums - nicht recht wohl fühlen mag, liegt nicht an der Veranstaltung, sondern am Tacheles. Viel Geld ist in den kaum mehr genutzten Theatersaal geflossen. Regelmäßig hat hier früher aufregendes Theater stattgefunden. Sasha Waltz, Jochen Sandig und andere hatten hier gearbeitet. Sie gingen wegen interner Querelen und gründeten stattdessen die Sophiensæle. Seitdem liegt der wunderbare Theatersaal des Tacheles brach. Ein Unding, über das auch eine charmant selbst gebastelte Veranstaltung wie Lucky Trimmer nicht hinwegtröstet.

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Greift einer mal daneben, macht nichts - zu schnell ist es vorbei.